Macht KI den Menschen in der Rechts- und Compliance-Branche bald überflüssig?
Der Einsatz von KI auf dem deutschen Markt

Steve Couling, Lucas Clair - Control Risks

In Zusammenarbeit mit Relativity, geht Control Risks in diesem Blog der Frage nach, ob KI in der Rechts- und Compliance-Branche hilfreich oder hinderlich ist.

Der Einfluss der KI auf die juristische Praxis

Die heutige Rechtslandschaft besteht aus zahlreichen Gesetzen und Verordnungen, von denen sich ein Teil insbesondere mit modernen Technologien beschäftigt. In den letzten Jahren hat KI dazu beigetragen, Prozesse zu modernisieren und deren die Effizienz zu steigern.

Torsten Wolf, Leiter der Forensics Practice bei Control Risks in Europa, einer spezialisierten Risikoberatung, ordnet KI in das dynamische juristische Ökosystem und die großen Datenmengen, die Anwälte verarbeiten müssen, folgendermaßen ein:

„Heutzutage müssen Prozessparteien häufig mehr als eine Million E-Mails, Textnachrichten, WhatsApp-Nachrichten, Social-Media-Kommunikation und vieles mehr durchforsten, bevor sie überhaupt an ihre eigentliche juristische Arbeit gehen können. Es ist schlichtweg unmöglich, bei Projekten dieser Komplexität als Mensch mit der Leistungsfähigkeit von KI mitzuhalten.“

Ein Team von 100 auf Vertragsrecht spezialisierten Anwälten würde für die Durchsicht von zwei Millionen Dokumenten etwa 20 Wochen benötigen und dafür potenziell mehr als 4 Millionen Euro an Gebühren in Rechnung stellen, wie aus einer realen Fallstudie hervorgeht. Mit KI lässt sich dieselbe Aufgabe innerhalb von zwei Wochen mit einer Genauigkeit von 99,9 % erledigen. Dabei würde die künstliche Intelligenz alle sensiblen und vertraulichen Dokumente identifizieren, die auch von Menschen identifiziert würden, zusätzlich aber Tausende weitere wichtige Dokumente, die zuvor von Menschen potenziell übersehen worden wären – und dabei nur etwa 25 % der Kosten verursachen.

Dieses Beispiel verdeutlicht die Vorteile der Integration leistungsstarker Technologien in die tägliche Praxis. Die niedrigeren Kosten stärken Kanzleien und Compliance-Spezialisten im Wettbewerb um Aufträge. Angesichts der immensen Zeitersparnis, der höheren betrieblichen Effizienz und der besseren Genauigkeit fällt es schwer, Argumente gegen den Einsatz von KI zu finden.

Wäre es sogar unethisch, auf den Einsatz von KI zu verzichten?

Anwälte sollten die Interessen ihrer Mandanten stets nach bestem Vermögen gewissenhaft und zeitnah vertreten. Moderne Technologien wie KI haben sich zu einem unverzichtbaren Werkzeug im Repertoire von Anwälten und Compliance-Experten entwickelt. Da KI-gestützte Werkzeuge zu erheblichen Verbesserungen bei Effizienz und Genauigkeit führen, spricht immer weniger gegen deren Verwendung.

Anwälte und Compliance-Spezialisten müssen sich fragen, ob der Verzicht auf die Integration von KI dazu führen kann, dass Gerichtsverfahren verlängert oder ein Auftrag unnötig verzögert wird. Überdies gilt abzuwägen, ob die Entscheidung gegen die Nutzung von KI bedingt, dass Mandanten unverhältnismäßig hohe Gebühren entstehen – was als zumindest fragwürdig, wenn nicht sogar unethisch ausgelegt werden könnte.

Torsten Wolf verwies auf die potenziellen Risiken für Anwälte, die keine innovativen Lösungen in Einklang mit den aktuellen Vorschriften nutzen:

„Die Entwicklung des Gesetzes über Künstliche Intelligenz der Europäischen Union (Artificial Intelligence Act) gibt die Richtung vor, in die sich Regulierungsbehörden bewegen. Rechtsabteilungen und Compliance-Teams müssen sich der Auswirkungen der KI auf ihre Praxis bewusstwerden und mit den technologischen Neuerungen Schritt halten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Um hochwertige Dienstleistungen zu angemessenen Kosten anbieten zu können, sollten Anwälte und Compliance-Spezialisten mit Experten auf diesem Gebiet zusammenarbeiten. So können sie KI optimal nutzen und ihre Dienste für interne und externe Mandanten verbessern.“

Den menschlichen Blick bewahren

Künstliche Intelligenz kann sehr leistungsfähig sein. Dennoch müssen Anwälte nicht befürchten, entbehrlich zu werden. Künstlicher Intelligenz sind Grenzen gesetzt. Um Albert Einstein zu zitieren: „Jeder Narr kann wissen. Der Punkt ist, zu verstehen.“

Ein potenzieller Schwachpunkt der KI ist das Verständnis. Dennoch kann KI bei effizientem Einsatz einen enormen Mehrwert schaffen. Eine Maschine kann mit relevanten Dokumenten trainiert werden. Sie kann vorgegebene Aufgaben erfüllen und Daten mit höchster Genauigkeit identifizieren. Ein Mensch, der Millionen von Dokumenten nach einem bestimmten Beweis durchsucht, begibt sich auf die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Für KI ist das eine einfache Aufgabe.

In dem für Menschen aufwendigen und zeitraubenden Data Harvesting (Extraktion wertvoller Daten aus einer bestimmten Quelle) spielt die KI ihre Vorteile voll aus. Doch auch in anderen Bereichen ist sie überaus nützlich. Modernste Technologien leisten weit mehr, als nur große Datenmengen zu durchforsten und bestimmte Informationssegmente aufzufinden. Innovative KI-Lösungen liefern wichtige Erkenntnisse, erkennen Zusammenhänge und zeigen Muster auf, die uns Menschen möglicherweise verborgen bleiben. Das maschinelle Lernen (ML) eröffnet in der juristischen Praxis zudem vielversprechende Perspektiven für die Ausarbeitung von Fallstrategien.

Indem KI-Technologien dieselben Aufgaben wieder und wieder ausführen, werden die Erkenntnisse besser, die Geschwindigkeit höher und die Genauigkeit größer.

So ist eine KI in der Lage, Prozessakten, Verhandlungsunterlagen, Gerichtsurteile, frühere eDiscovery-Dokumente und vieles mehr wiederholt zu analysieren. Neue Technologien können daher eine aktive Rolle bei der Entwicklung und Optimierung juristischer Strategien spielen.

Es gibt eine Vielzahl von KI-Lösungen, die weit mehr leisten, als die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken. Moderne Technologien können einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung taktischer Informationen leisten, gestützt durch fundierte Daten. Innovative KI ist ein Kernbaustein des technologischen Fortschritts in der Rechtsbranche. Sie unterstützt die mühsame Datenrecherche und liefert wertvolle Erkenntnisse.

Die Aufbereitung großer Datenmengen unter Kontext- und Nutzenaspekten kann zeitaufwendig und ressourcenintensiv sein. Das Team Forensic Technology bei Control Risks unterstützt Unternehmen dabei, Finanz-, Betriebs- und Transaktionsdaten zu analysieren, um Beziehungen und Handlungen mit hohem Risikopotenzial zu erkennen. Dazu gehört auch, relevante Analysen zeitnah durchzuführen und Prozesse zu implementieren, die Risiken verringern und interne Kontrollen verbessern.

Menschen können diese hochentwickelten Technologien nutzen, um ein Kontextverständnis bei der Datenanalyse zu entwickeln. Gleichzeitig entstehen wiederholbare Prozesse, die große Mengen an elektronisch gespeicherten Informationen bewältigen können.

Transformative KI-Lösungen

Datenanalyse-Plattformen, wie RelativityOne, stellen verschiedene integrierte KI-Lösungen bereit.

Datenanreicherung unterstützt Review-Tätigkeiten beispielsweise mit der Anwendung von E-Mail-Threading (Identifizierung und Visualisierung von vollständigen E-Mail-Konversationen über alle Verästelungen hinweg) und Erkennung von Beinahe-Duplikaten. So können Review-Teams doppelte oder irrelevante Inhalte schnell erkennen und unnötige Dokumente aussortieren.

Aktives Lernen steigert den Nutzen menschlicher Entscheidungen. Kleine Teams können beispielsweise mithilfe von KI-basierter Priorisierung und Review-Unterstützung Millionen von Datensätzen schnell und präzise durcharbeiten.

Analyse von Emotionen und Normalisierung von Namen vermitteln Einblicke in die Kommunikation und helfen dabei, bestimmte Kommunikationsmuster schnell und einfach zu erkennen.

Machine-Learning-unterstützte Übersetzungslösungen helfen bei der effizienten Identifizierung und Übersetzung von fremdsprachlichen Dokumenten.

Die genannten KI-Anwendungen können Juristen dabei unterstützen, mit weniger Werkzeugen auszukommen und bisher schwerfällige Prozesse in einer einzigen Lösung zusammenzufassen.

Menschliche Intelligenz mit KI verbinden

Anwälte sollten über hohe emotionale Intelligenz verfügen. Sie müssen reibungslos mit ihren Mandanten kommunizieren, Fallstricke vor Gericht vermeiden und ihre Position eloquent vor Gericht darlegen können. KI mag bei der mühsamen Datenanalyse eine große Hilfe sein. Doch nur ein Mensch kann mit seinem Einfühlungsvermögen einen Fall erfolgreich verhandeln.

Die Beziehung zwischen Anwalt und Mandant beruht auf Vertrauen und Verständnis. Keine KI kann emotionale Fragen beantworten, Ruhe ausstrahlen und Einfühlungsvermögen zeigen. Es braucht keine komplexen Algorithmen, sondern einen Menschen aus Fleisch und Blut, der zwischen den Zeilen der menschlichen Kommunikation lesen kann.

Die erfolgreichsten Kanzleien und Justiziare nutzen die Synergie von menschlicher Intelligenz und technologischer Kompetenz. Aufgabe der KI ist es, juristische Prozesse zu verbessern, nicht, Menschen zu ersetzen. Wer das erkennt, kann die Technologie effektiv nutzen und damit wettbewerbsfähig und zukunftsorientiert agieren.

Der Einsatz von KI auf dem deutschen Markt

Es gibt bisher nur wenige Beispiele für den Einsatz von KI-Methoden in Verhandlungen vor deutschen Gerichten. Da die Stärken eines KI-gestützten Ansatzes bisher nur selten unter Beweis gestellt werden konnten, gibt es bei Juristen und Compliance-Spezialisten oft noch Zurückhaltung bei der Nutzung und Fragen bezüglich der Verwertbarkeit dieser Technologien bzw. deren Ergebnisse. Dass in Deutschland die proaktive Nutzung von KI auf sich warten lässt, ist vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass die Vorteile der KI bislang nur langsam sichtbar werden.

Andere Rechtsordnungen, wie in den USA und in Großbritannien, haben bereits die nächsten Schritte unternommen und schreiben den effektiven Einsatz von Technologie in bestimmten Verfahren vor. Andere Länder werden sicherlich folgen.

Kundenanforderungen beschleunigen Wandel

Die Stimmung am Markt begünstigt die Einführung neuer Technologien. Unternehmen sind die treibende Kraft hinter der Einführung von KI. Sie fordern innovative, effektive und effiziente Untersuchungen und Verfahren.

Torsten Wolf erläutert die Einstellung deutscher Mandanten zur KI:

„Mandanten in Deutschland ermutigen Kanzleien und Compliance-Teams dazu, modernste Technologien zu implementieren, um Prozesse zu rationalisieren und Kosten zu senken.

Potenzielle Mandanten erkennen zunehmend, dass eine Kanzlei, welche die bestgeeignete KI für einen Fall nutzt, wahrscheinlich schneller vorankommt, genauere Ermittlungsergebnisse erzielt und kostengünstiger arbeitet.“

Innovation als Wettbewerbsfaktor

Eine zögerliche Integration von KI in die Praxis kann zulasten lukrativer Aufträge gehen. Bei Ausschreibungen haben Unternehmen die freie Wahl und werden sich vermutlich für die Kanzlei entscheiden, die ihnen den schnellsten und effizientesten Weg zum Erfolg aufzeigen kann. In Kanzleien, die mit moderner KI arbeiten, müssen weniger Personen mit sensiblen Daten interagieren. Das mindert das Risiko einer falschen Handhabung, was für potenzielle Mandanten immer wichtiger wird. Technisch versierte Mandanten werden sich für einen Wettbewerber entscheiden, der im Sinne einer höheren Servicequalität bereit ist, moderne Technologien einzusetzen.

An Vertrautem festzuhalten, ist bequem. Doch wer Zeit und Geld in zeitgemäße Technologien und Methoden investiert, sichert sich einen echten Wettbewerbsvorteil und stellt sich an die Spitze des Wandels.

KI zur Überwindung von Personalengpässen

Für Kanzleien und Compliance-Abteilungen kann KI ein nützlicher Verbündeter im Bemühen sein, Mitarbeiter mit wertstiftenden Aufgaben zu betrauen, anstatt aufwendige und mühsame Dokumentenprüfungen durchführen zu lassen. KI kann eine Aufgabe immer wieder ausführen, ohne zu ermüden oder fehleranfällig zu werden. Im Unterschied dazu brauchen Menschen Abwechslung, Kreativität und Interaktion, um effektiv arbeiten zu können.

Der Einsatz von KI für zeitintensive manuelle Aufgaben führt schneller zu wichtigen Erkenntnissen und erleichtert gleichzeitig, rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und den mit der Einhaltung von Fristen verbundenen Druck zu mindern.

Das kann die operative Effizienz einer Kanzlei steigern und die Mitarbeiter zeitlich entlasten. Die gewonnene Zeit können Mitarbeiter beispielsweise zur Ausarbeitung von Fallstrategien, zur Akquise neuer Aufträge oder zur Pflege bestehender Mandantenbeziehungen nutzen.

Mit KI in eine erfolgreiche Zukunft

Innovative und leistungsstarke Technologien sollten von Kanzleien und Compliance-Teams nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen werden. Sind die Möglichkeiten und Grenzen von KI verstanden und ist sie erfolgreich implementiert, profitieren beide Seiten davon – Juristen und Mandanten.

Letztlich treffen Menschen die Entscheidungen und sind für die Ergebnisse verantwortlich. Künstliche Intelligenz unterstützt Menschen dabei, Daten aufzubereiten und Sachverhalte zu durchdringen.

Torsten Wolf betonte ferner, wie wichtig es ist, mit transformativen Technologien zu arbeiten und kostbare Zeit für wertstiftendere Tätigkeiten zu gewinnen:

„KI verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten. KI übernimmt die lästigen, zeitintensiven Routineaufgaben – ohne die Menschen zu ersetzen. Die neu gewonnene Zeit können Kanzleien auf die Pflege guter Beziehungen zu ihren Mandanten nutzen; also etwas, das nur Menschen können.

Mandanten wollen mit modernen, innovativen Kanzleien zusammenarbeiten. Es stellt sich nicht die Frage, ob man sich technologisch modernisiert, sondern wann. Für hochfrequentierte Kanzleien oder Compliance-Teams ist ein rationalisierter Technologie-Stack ein Segen. Denn der bisherige Umgang mit Daten über mehrere Systeme hinweg verursacht Reibungsverluste, Fehler und Latenzen.

RelativityOne ist eine singuläre, umfassende Lösung, die die Bearbeitung von Millionen von Dokumenten in einem einzigen Arbeitsraum unterstützt, so dass Mandanten schneller zu Erkenntnissen gelangen, enge Fristen einhalten und Prüfungen schnell abschließen können.“

Der Einsatz von KI im juristischen Bereich verschafft Anwälten mehr von ihrem kostbarsten Gut: Zeit. Mit Technologien wie RelativityOne können Kanzleien den Zeitaufwand für die Erstellung von Dokumenten um bis zu 94 % verkürzen. Solche Fakten sind kaum zu ignorieren. Sie verdeutlichen Anwaltskanzleien, Justiziaren und Compliance-Abteilungen, dass es an der Zeit ist, wegweisende technologische Fortschritte anzunehmen und zu nutzen.

In einem zunehmend komplexen und datengetriebenen Unternehmensumfeld nutzt Control Risks hochmoderne Technologien, um aus großen Datenmengen wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, die bei komplexen Ermittlungen und Streitsachen von entscheidender Bedeutung sind. Control Risks ist der Anbieter mit der größten weltweiten RelativityOne-Abdeckung.

Die Zukunft der Rechts- und Compliance-Landschaft hat begonnen – und Deutschland hat die Chance, die Führung in der KI-affinen Rechtsbranche zu übernehmen.

Starten Sie Ihre KI-Reise mit RelativityOne unter relativity.com/de. Erfahren Sie mehr über die Erkenntnisse und den Support eines erfahrenen Partners unter controlrisks.com.


Steve Couling ist Managing Director & VP Sales bei Relativity.
Lucas Clair ist Head of Forensic Technology – EU bei Control Risks.

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